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Episode 36 - Eigene KI-Systeme im Unternehmen: Warum Firmen auf kontrollierte Wissensräume setzen | KI Podcast

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5 Min. Lesezeit • 30.11.2025

Während öffentliche KI-Chatbots wie ChatGPT beeindruckende Fähigkeiten zeigen, stoßen Unternehmen schnell an kritische Grenzen: Datenschutz, Kontrolle und die Verlässlichkeit der Antworten. Dennis Westermann spricht in dieser Episode mit Philip Weyer von AITEZA über eine Alternative, die immer mehr Firmen wählen. Statt generischer Cloud-Lösungen setzen sie auf eigene, sichere KI-Systeme, die auf internem Unternehmenswissen basieren. Die Diskussion zeigt, warum kontrollierte Wissensräume für viele Organisationen nicht nur eine Option, sondern eine Notwendigkeit sind.

Datenschutz als Grundvoraussetzung

Für viele Unternehmen ist die Nutzung öffentlicher KI-Plattformen schlicht unmöglich. Philip Weyer erklärt, dass bei den meisten Projekten NDAs unterzeichnet sind, die das Versenden sensibler Daten an externe Dienste verbieten. Die Lösung: On-Premises-Hosting oder Virtual Private Clouds in deutschen Rechenzentren. "Nichts verlässt unsere eigenen Server", betont Weyer. Diese Architektur ermöglicht es Unternehmen, moderne KI-Funktionen zu nutzen, ohne gegen vertragliche oder rechtliche Vorgaben zu verstoßen.

Die Plattform AITEZA bietet verschiedene Hosting-Optionen. Überraschend kostengünstig ist dabei der Einsatz eines Mac Studio, der für 10.000 bis 15.000 Euro eine leistungsfähige Basis bildet – deutlich günstiger als spezialisierte KI-Server, die schnell sechsstellige Beträge erreichen. Alternativ können Unternehmen auf Cloud-Lösungen mit Anbietern wie Mistral setzen, deren Server in Europa stehen und europäischem Recht unterliegen.

Strukturiertes Wissen statt Daten-Chaos

Der entscheidende Unterschied zu generischen Chatbots liegt in der Organisation des Wissens. Während Tools wie ChatGPT-Projekte oder Co-Pilot schnell an Grenzen stoßen, wenn Hunderte Dokumente durchsucht werden sollen, setzt AITEZA auf sogenannte Datenräume. Diese funktionieren wie eine intelligente Ordnerstruktur mit Rechteverwaltung. "Wir organisieren es in Datenräumen, das ist eine große Ordnerstruktur, wo ich gezielt Fragen zu bestimmten Themen stellen kann", erklärt Weyer.

Das System basiert auf einem RAG-Ansatz (Retrieval Augmented Generation). Dabei werden Dokumente in Vektorform gespeichert – eine komprimierte Darstellung des Wissens in Zahlen. Bei einer Anfrage sucht das System nicht nach exakten Wortübereinstimmungen, sondern nach inhaltlicher Bedeutung. Wer nach "Fortbewegungsmittel" fragt, findet auch Dokumente über "Auto" oder "KFZ". Diese semantische Suche funktioniert sprachübergreifend: Dokumente auf Deutsch können auf Französisch, Polnisch oder Englisch abgefragt werden.

Praxisnahe Anwendungsfälle

Die Einsatzmöglichkeiten reichen von Kostenabschätzungen über Qualitätsmanagement bis zur Protokollierung. Weyer berichtet von Mitarbeitern, die 50 Prozent Zeitersparnis erreichen, weil sie nicht mehr manuell durch Projektunterlagen suchen müssen. Besonders wertvoll: Das System kann Dokumente vor dem Versand an Kunden prüfen – ein zusätzliches Paar Augen unter Zeitdruck.

Ein weiterer Use Case ist die Bekämpfung von "Shadow-KI". Viele Mitarbeiter nutzen bereits KI-Tools, auch wenn die Unternehmens-Policy dies verbietet. Mit einer datenschutzkonformen Alternative können Firmen diese Nutzung kanalisieren und gleichzeitig das verstreute Inselwissen zusammenführen. Die Integration erfolgt über eine Web-App oder API-Schnittstellen, etwa für Microsoft Teams, wo Mitarbeiter direkt im Chat auf das Unternehmenswissen zugreifen können.

Investition in die Zukunft

Die Lizenzkosten liegen bei 30 bis 40 Euro pro Nutzer und Monat – ein überschaubarer Betrag im Vergleich zum Nutzen. Weyer betont jedoch, dass die eigentliche Investition in der Datenaufbereitung und Mitarbeiterschulung liegt. Unternehmen müssen entscheiden, welche Dokumente relevant sind, Datenräume strukturieren und Zugriffsrechte vergeben. Doch wer diesen Schritt geht, erhält nicht nur ein KI-System, sondern löst gleichzeitig das jahrzehntealte Problem der Datenauffindbarkeit.

Die Episode macht deutlich: Künstliche Intelligenz im Unternehmen ist keine Frage von entweder Cloud oder gar nicht. Mit durchdachten Systemen können Firmen die Vorteile moderner KI nutzen, ohne Kompromisse bei Datenschutz und Kontrolle einzugehen. Für viele Organisationen ist das der einzige Weg, KI verantwortungsvoll und effektiv einzusetzen.


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